CRISPR/Cas9 - Eine Chance für den biologischen Landbau?

 

 
Pflanzenzüchtung: Gentechnik – ungesund und unnatürlich? | TASPO.de
Pflanzenzüchtung im Labor. Bild: Leonid/Fotolia

Die Entwicklungen in der Biotechnologie schreiten rasant voran. Neue Verfahren bieten ein grosses Anwendungspotential für Medizin, Chemie, Lebensmittel- und Landwirtschaft (Gattlen, 2019). Eines dieser neuen Verfahren nennt sich CRISPR-Cas9. Das Kürzel steht für ein im Jahr 2013 von den beiden Forscherinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna entwickeltes Verfahren, um DNA-Bausteine im Erbgut beliebiger Lebewesen einfach und präzise zu verändern (Schneider, 2017).


Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Genome-Editing Verfahren. Das Verfahren beruht auf einem aus Bakterien abgeleiteten Mechanismus der adaptiven Immunabwehr, das sogenannte CRISPR/Cas9-System. Der Name steht für einen bestimmten Abschnitt auf der DNA "Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats" und einem Eiweisskomplex "Cas9", der die DNA schneiden kann (Schorle & Tüttelmann, 2016). Erbinformationen aller Lebewesen können durch diesen Schnitt an einer beliebigen Stelle der DNA einfach und gezielt entfernt, ersetzt oder verändert werden (Dingermann et al., 2019). Im Unterschied zu den klassischen Gentechniken, bei denen meist zur Übertragung von bestimmten Erbinformationen artfremde Gene eingefügt werden, lassen sich mit dem Genome-Editing Verfahren durch den Schnitt an einer definierten Stelle im Erbgut gezielte Veränderungen am Genom selbst vornehmen, ohne Gene einer anderen Art einzufügen (Gattlen, 2019).

Schorle & Tüttelmann (2016) beschreiben das CRISPR-Cas9 Verfahren im Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie wie folgt:

«Das System basiert auf 2 Komponenten: Eine davon ist eine RNA (single guide = sgRNA), die einerseits homolog (also passend) zum Zielbereich im Genom ist und sich dort anlagern kann und andererseits in der Lage ist, das Cas9-Protein zu binden. Cas9 ist in der Lage, DNA zu schneiden, es ist eine Nuklease. Durch die Verwendung von CRISPR/Cas9 wird sequenzspezifisch gezielt im Genom ein Doppelstrangbruch erzeugt. Durch die anschließende, zelleigene Reparatur werden kleine, wenige Basenpaare lange Insertionen oder Deletionen (sogenannte „Indels“) eingefügt. Gibt man der Reaktion homologe DNA-Elemente zu, so kann es zu homologer Rekombination kommen und die beschädigte Stelle im Genom wird repariert. Wenn die homologen DNA Elemente kleine Mutationen aufweisen, können so gezielt Punktmutationen eingeführt oder bestehende Mutationen „ausgebessert“ werden.»
Funktionsweise der CRISPR/Cas9-Methode.
https://www.transgen.de/forschung/2564.crispr-genome-editing-pflanzen.html

 
Das System erkennt also eine bestimmte Stelle der DNA und schneidet sie exakt dort auf. An dieser Stelle kann dann das Erbgut der Pflanze verändert und umgeschrieben werden.

Potential im Bereich der Pflanzenzüchtung

Seit Beginn des Ackerbaus versuchen Menschen ihre Nahrungspflanzen zu verbessern. Dies zum einen durch die klassische Pflanzenzucht (wiederholte Auslese der besten Pflanzen) aber auch durch gezielte Veränderungen im Rahmen der klassischen Gentechnik. Dort werden Gene systematisch ins Erbgut eingebaut, auch solche die artfremd sind. Es entstehen Pflanzen, die in der Natur niemals entstanden wären, weshalb die klassische Gentechnik stark umstritten ist.

In diesem Punkt liegt der entscheidende Unterschied zu CRISPR-Cas9. Das neue Verfahren verändert ebenfalls das Erbgut einer Pflanze, jedoch auf eine Art und Weise wie es auch durch Züchtung passieren würde. Zudem wird viel weniger Zeit im Vergleich zu den heutigen Züchtungsmethoden benötigt. Heute nimmt die Züchtung neuer Nutzpflanzen oft zehn oder mehr Jahre in Anspruch. Mit CRISPR-Cas9 würde es je nach Nutzpflanze und Merkmal nur noch ein bis zwei Jahre dauern (Robinson, 2017).

Forscher, die das CRISPR-Cas9 Verfahren untersuchen, versprechen sich damit schnell und präzise Pflanzensorten zu züchten, welche höhere Toleranzen oder Resistenzen gegenüber Krankheiten, Schädlingen und abiotischem Stress aufweisen (Schneider, 2017). Dies führt zu höheren Erträgen und besserer Qualität der Ernteprodukte, sowie zu einem verringerten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Durch den richtigen Einsatz von CRISPR/Cas9 könnte die Landwirtschaft ökologscher gestalten werden und die Lebenssituation und Ernährungssicherheit vieler Menschen verbessert werden (Fütterer, 2016).

Pro- und Contra Argumente für den Einsatz von CRISPR/Cas9 im Biologischen Pflanzenbau.



Meine Meinung

Als Einleitung zu meinem persönlichen Fazit möchte ich die wichtigsten Punkte nochmals zusammenfassen: 

  • CRISPR-Cas9 ist ein Genome-Editing Verfahren, dass gezielte Veränderungen am Genom selbst vornimmt und dabei keine artfremden Gene einfügt.

  • Das Verfahren ermöglicht die Züchtung von Resistenten Pflanzen innert kurzer Zeit, was zu einer hohen Ertragssicherheit und reduziertem Einsatz von PSM führt.

  • Das Verfahren ist kostengünstig und somit breit zugänglich.

  • Wenn veränderte Organismen in die Umwelt gelangen, kann dies weitreichende Folgen für das ökologische Gleichgewicht mit sich bringen.


Ich habe grundsätzlich eine eher skeptische Einstellung gegenüber der Gentechnik. Oft wirkt es auf mich, als ob wir Menschen es nicht hinkriegen, die Natur so zu akzeptieren und zu schätzen wie sie ist. Ich frage mich, ob genetisch veränderte Nutzpflanzen uns nicht noch weiter davon entfernen unsere umgebende Umwelt besser wahrzunehmen und kennenzulernen.

Ich bin mir aber bewusst, dass die globale Ernährungssicherheit mit neuen Herausforderungen (Bevölkerungswachstum, Klimawandel) konfrontiert wird. CRISPR/Cas9 bietet in diesem Bereich die Möglichkeit kostengünstig und schnell Nutzpflanzen zu züchten, die die weltweite Ernährungssicherheit sichern und durch den reduzierten Einsatz von Pestiziden sowie anderen boden- und umweltbelastenden Substanzen die Umwelt schonen. 

Meiner Meinung nach dürfen die komplexen Kreisläufe unserer Umgebung, in welchen der landwirtschaftliche Kreislauf nur einer von vielen ist, nicht ignoriert werden. Auch wenn das Verfahren einen natürlichen Prozess imitiert, können die Folgen ein ganzes Ökosystem und die darin laufenden natürlichen Kreisläufe durcheinanderbringen und auf eine Art und Weise beeinflussen, die wir nicht vorhersehen können. Es gilt die ökologischen und sozialen Risiken sorgfältig gegen den potenziellen Nutzen abzuwiegen. Zum Beispiel durch eine sachliche Diskussion. Spannend wäre die vom internationalen Bioethik-Konsortium (Hinxton Gruppe) geforderte offene Debatte in einem Forum aus Ärzten, Forschern, Sozialwissenschaftlern und der Öffentlichkeit (The Hinxton Group, 2015).

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Quellen

BIO SUISSE: CRISPR/CAS und die Biobranche. Basel, 2016

Dingermann, T. et al.: Gentechnik Biotechnik Grundlagen und Wirkstoffe. Stuttgart, 2019

Fütterer, J. Neue Züchtungsmethoden von Pflanzen. Abgerufen am 18. Oktober 2019 von https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2016/09/neue-zuechtungsmethoden-fuer-pflanzen.html, 2016

Gattlen, N.: Potential mit schwer abschätzbaren Risiken, In: BAFU (Hrsg.): Gentechnologie. Zwischen Innovation und Umwelt. Bern, 2019

Robinson, T. R.: Genetik für Dummies. Weinheim, 2017

Schneider, S.: CRISPR-Cas9: Revolution der Biologie durch ein bakterielles Immunsystem. In: T. K. Lindhorst, H.-J. Quadbeck-Seeger, & Gesellschaft Deutscher Chemiker (Hrsg.): Unendliche Weiten: Kreuz und quer durchs Chemie-Universum (S. 49–51). Weinheim, 2017

Schorle, H., & Tüttelmann, F.: "Gene-Editing" - Verfahren Stellungnahme der DVR-Mitglieder AAD, ADI, AGRBM, DGA, DGGEF, D.I.R, SRBM und SEF unter Federführung der DGRM. In: Journal fur Reproduktionsmedizin und Endokrinologie, 2016

The Hinxton Group: Statement on Genome Editing Technologies and Human Germline Genetic Modification. 2015


Kommentare

  1. Hallo Jasmin
    Ich finde deine Blogeintrag sehr ausführlich und spannend. Du hast das Thema in meinen Augen von allen wichtigen Aspekten beleuchtet. Du hast eine ausführliche Einleitung verfasst, sowie auch den Einsatzbereich beleuchtet. Ich finde es gut, dass du deine persönliche Meinung mit eingebracht hast. Dies regt zum denken an bringt einige Denkanstösse mit. Ich bin gespannt wie es mit dem Crisper weitergeht.
    Gut geschrieben :)

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  2. hallo Jasmin
    du hast das Thema gut recherchiert und dokumentiert. Dee Blog ist übersichtlich und gut illustriert.
    Die Methode ist verständlich erklärt, sehr gut finde ich die tabellarische Auflistung von Pro und Contra. Deine Meinungen und Einschätzungen sind nachvollziehbar. Sie entsprechen einer moderaten und kritischen Sichtweise die ich auch vertrete.
    Sehr guter Blog!
    Guido

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